Jetzt ganz frisch und definitiv knackig: Porsche Cayman S und Formel 4 am Red Bull Ring.

Text: Frederike Quertreib
Bilder: Manfred Seidl

Der Prosi fließt gerade in Strömen durch die trockenen Kehlen der Girls-Gang-Memberinnen, als via e-Mail von Chefin Petra EINE Einladung der besonderen Art eintrudelt: Der Red Bull Ring hat Frischblech geordert und bittet zum Probetanz auf griffigem steirischem Asphalt. Drei Hände zucken zeitgleich zu drei Smartphones in trendigem Altrosa bzw. Silbergrau, drei Augenpaare fokussieren und lesen „PORSCHE CAYMAN S und FORMEL 4“ und … und die schwesterliche Eintracht ist im Nu bei der Teufelin.

angriffsbulle

Es folgt ein wildes „ich, ich, ich“-Gekreische, gefolgt von allerlei Argumenten warum „ich – und nur ich“ die einzig wahre Empfängerin der Einladung sein kann. Es werden einschmeichelnde Prosecco-Einladungen ausgesprochen, alte „da-hab-ich-dir-geholfen“-Geschichten aufgewärmt, vergeblich an Vernunft, Fairness und Chancengleichheit appelliert.
Am Ende entscheidet rohe Gewalt: Lieschen ist gleich einmal aus dem Spiel, sie ist für harte Bandagen am wenigsten gemacht – also in einem Formel 4 sowieso fehl am Platz; ich büße einige Haarsträhnen ein, aber was soll’s, die wachsen nach – bei Lisas Ohrläppchen bin ich mir da nicht so sicher …
Wir werden des Wirts verwiesen, ein Lokalverbot wird ausgesprochen.

objekt der begierde

Am Tag X sitze ich sicherheitshalber schon um zehn nach fünf in der Früh im Auto und düse Richtung Spielberg los: Anmeldung ist zwischen 8:00 und 9:00, allfällige Staus und Pipi-Pausen einkalkuliert bleibt trotzdem ein Sicherheitspolster – heute darf nix schiefgehen!
Dass ich nicht die einzige bin, die auf Sicherheit gesetzt hat, zeigt sich, als ich den Anmeldebereich betrete: Die Lounge ist bereits gut gefüllt mit coolen Testfahrern, wie üblich herrscht deutlicher Herrenüberschuss.
Wir werden in zwei Gruppen eingeteilt, Gruppe A füllt sich nur träge, gilt es doch die von einem morgendlichen Regenguss noch leicht feuchte Strecke erst einmal vorsichtig mit den Porsches trocken zu fahren.
Mit Thomas wird mir ein Kollege als Teampartner zugeteilt, der über keine Ring-Erfahrung verfügt und bisher nur „Normalautos“ bewegt hat, mein Plan erst als zweite Fahrerin hinters Steuer zu rutschen ist damit hinfällig, ich bin zum Boden putzen verdammt (und komm mir vor wie zu Haus …)

race-art 01, asphalt

Im Windschatten von Instruktor Bernhard Auinger geht es auf die Strecke, der Großteil des Asphalts ist glücklicherweise schon aufgetrocknet, aber in einigen Passagen hat sich noch Feuchtigkeit gehalten – also Vorsicht !
Bernhard zeigt uns die Ideallinie und weist uns in die Strecke ein, Hilfe bieten auch am Rand des Kurses aufgestellte Pylone, die uns Brems-, Ein- und Auslenkpunkte anzeigen. Nach wenigen Runden ist die Strecke soweit trockengelegt, dass unser Pacemaker kontinuierlich das Tempo erhöhen kann, wir Nachwuchsrennfahrer/innen wetzen im Rahmen unserer Möglichkeiten nach und Thomas auf dem Nebensitz wird von Runde zu Runde oder vielmehr von Bremspunkt zu Bremspunkt schmähstader :-)
Der Porsche liegt (wie nicht anders erwartet) fantastisch auf der Piste, die 350 Pferdchen brüllen mir bei jedem Kurvenausgang ins Genick, die Anweisungen aus dem Walkie-Talkie sind schon lange nicht mehr zu verstehen. Die Beschleunigung (null auf hundert in 4.2 Sekunden!) drückt mich in den Sitz, die Haftung der mittlerweile heißen Reifen ist phänomenal, die Kurvenkräfte überwältigend und die Bremskräfte schlicht unpackbar :-)))))))) …

race-art 02, reifen

Thomas schweigt und schwitzt.
Fazit nach wenigen Runden: ein Porsche ist ein Porsche ist ein Porsche.
Fazit zwei: Bitte auch haben wollen!!! Nachdem das meine finanziellen Möglichkeiten auch in den nächsten Jahren etwas überfordern dürfte, ist es gut zu wissen, dass man die Dinger am Red Bull Ring ab € 60,– zumindest für ein paar Runden mieten kann. Inklusive fachkundigem Trainer noch dazu :-)

race-art 03, markierung

Nach dem Fahrerwechsel darf ich wieder einmal feststellen, dass ich eine eher mäßig begabte Beifahrerin bin, Vertrauen mag ja gut sein, Kontrolle (v. a. in Form von selber am Lenkrad drehen) ist aber deutlich besser.

jedem mädchen das passende häubchen

Es wird uns keine Adrenalin-Pause gegönnt: raus aus dem Porsche und rein in die Box, Rennanzüge ausfassen – Achtung, die sind extrem knapp geschnitten, meine Damen !
Ich presse meine Speckröllchen in eine frustrierende Herren-Kleidergröße 50 (!!!), schaue dann aber mit der kompletten Montur inklusive Renn- und Handschuhe und mit unter den Arm geklemmtem Vollvisierhelm durchaus sexy aus. Glück gehabt, fifty made my day ;-)

instruktion

Ex-F1-Pilot Patrick Friesacher erklärt uns das Auto – und wie frau überhaupt hineinkommt: auf den Sitz steigen (ungefähr zehn Zentimeter über der Fahrbahn), Beine links und rechts der Steuersäule einfädeln, Oberkörper quer zur Fahrtrichtung drehen, ins Cockpit eintauchen, Oberkörper wieder gerade drehen – und warten, dass einen die Betreuer angurten. Bewegungsfreiheit nach dem Festzurren: NULL.

playstation

Hoffentlich bringt dann auch noch jemand das Lenkrad vorbei und montiert es wieder …
Kleine Einweisung in die Schaltwippen: rechts rauf, links runter, Kupplung braucht frau nur zum Wegfahren. Zwei Kippschalter für die Zündung, Leuchtdioden als Drehzahlmesser („bitte nicht dauernd in den roten Bereich drehen“), und: Bremskraftverstärker war leider aus, also besser beherzt in die Eisen steigen …
Zweites und: Die diversen elektronischen Helferleins, die den Porsche so brav in der Spur halten, auch wenn Mann zur falschen Zeit voll aufs Gaspedal tritt, sind leider auch nicht vorhanden – also Obacht!!!

medienarbeit

So liege ich dann sowohl luftig als auch bewegungsunfähig mit scheppernd laufendem Motor in meinem Boliden auf der Boxenstraße, warte auf meinen Einsatz und gehe im Geiste noch einmal alle Anweisungen und die Fahrzeugdaten durch: 1.400 ccm, 210 PS, 570 kg – oder im Vergleich zum Porsche: Hälfte Hubraum, ein Drittel weniger PS – aber auch nur etwas mehr als ein Drittel (!!!) des Gewichts … – kann ja heiter werden.

gustls buam-control

Den Start versaue ich gleich einmal bravourös, der Motor ist abgewürgt, so schnell kann er gar nicht schauen … – allerdings befinde ich mich in diesem Punkt in guter Gesellschaft: kaum ein Testfahrer kommt aus eigener Kraft auf die Strecke, die engagierten Red Bull Ring-Leute schieben und schieben und schieben …

with a little help of my friends

Endlich in Gang gekommen ist der Respekt nach wie vor riesengroß, ich eiere um die ersten Kurven, dass der Formel 4 wahrscheinlich heute noch lacht … das Ding unter mir ist ganz einfach sooo anders als Alles, was ich bisher gefahren bin. Zwar wird es von Runde zu Runde besser, die Vertrautheit, die sich im Porsche so schnell gezeigt hat, will sich aber diesmal nicht einstellen. Alles anders, alles spannend – das Ding scheppert blechern, der Fahrtwind reißt trotz Stromlinienform bei Tempo 200 gehörig am Helm, jede Rille in der Fahrbahn wird weitestgehend ungefiltert ans eigene Hinterteil weitergeleitet, Bremsen ohne Bremskraftverstärker bei diesen Geschwindigkeiten, … a strange new (racecar)world!

under female control

Nach fünf Runden bin ich Schweiß gebadet, weitergemacht hätte ich aber trotzdem gern – am Besten nach einer Feedback-Besprechung mit den Red Bull Profis.
Gut zu wissen, dass das automobile Adrenalin auch in diesem Fall mietbar ist – freu‘ dich nicht zu früh, lieber Formel 4, ich komme wieder – und dann ist Schluss mit Lachen !

spieglein, spieglein auf dem boden …