Corinna Widenmeyer, Boss von Mercedes-Benz Österreich, zäht zu den raren Top-Managerinnen in der Autobranche. Eines der eher seltenen Interviews mit der Stern-Chefin.
Für Corinna Widenmeyer war als Kind nie „klar“, dass sie ’mal „in Autos machen“ würde. Sie bekam jedoch als geborene Stuttgarterin die Autoliebe sozusagen in die Wiege gelegt. Erste „Karosseriefühlung“ mit der Autobranche war ein Praktikum während ihrer Studienzeit mit Mercedes-Benz – und sie blieb dabei.
Seit nunmehr fast 20 Jahren ist die straighte Stuttgarterin bei Daimler. Ihre erste Station nach dem Trainéeprogramm war Produktmanagment Pkw, danach folgten viele weitere, bis sie vor rund zweieinhalb Jahren hier nach Österreich kam.
Als Boss.
Die nach Eigendefinition „willensstarke, menschliche und zielorientierte“ Mercedes-Benz-Chefin von Österreich über das vielleicht schönste Auto bei Mercedes-Benz, österreichische Gemütlichkeit und Reifenpannen:
Frau Widenmeyer, vor etwa 2,5 Jahren kamen Sie als neue Mercedes-Benz Österreich-Chefin nach Salzburg – mit welcher österreichischen Eigenheit wurden Sie als erstes konfrontiert?
Charme. Der typisch österreichische Charme fällt einem sofort auf. Die Menschen reden oft anders miteinander und weniger direkt wie oft im deutschen Berufsalltag. Ich finde das sehr angenehm, auch wenn ich mich daran gewöhnen musste.
Haben Sie manchmal Sehnsucht nach Deutschland?
Ganz ehrlich: nein! Ich finde es wunderschön hier in Österreich und genieße es, hier leben zu dürfen. Und nein auch deshalb, weil ich ja sehr oft in unserer Zentrale in Stuttgart bin.
Was ist an den Stereotypen „Deutsche sind überkorrekt, Österreicher sind gemütlicher“ dran?
Wie schon erwähnt: so groß empfinde ich die Unterschiede nicht. Aber es stimmt schon, wir Deutschen wollen es manchmal sehr genau wissen …
Inwiefern unterscheidet sich das Leben in Deutschland von jenem in Österreich?
Ich komme ja aus Stuttgart und kann deshalb nur für den Raum Stuttgart sprechen. Da fällt mir sofort ein, dass die Wege hier in Österreich einfach kürzer sind. Wenn ich an einen See fahren möchte oder Skifahren, dann muss das kein Tagesausflug sein. Wenn man in Stuttgart wohnt, ist das leider schon meistens so …
Frauen in der Motor-Branche – sind diese immer noch unterrepräsentiert?
Ja, wahrscheinlich sind Frauen immer noch unterrepräsentiert. Das liegt wahrscheinlich am Thema. Ich denke aber schon, dass sich immer mehr für die Branche interessieren, wahrscheinlich ist das aber auch abhängig von der Abteilung …
Ich weiß, es ist eine etwas abgelutschte Frage, aber leider immer noch aktuell: Ist es für eine Frau in einer Männerdomäne schwieriger als für einen Mann?
Sie haben recht: Diese Frage höre ich nicht zum ersten Mal. Ich hab’ in meiner beruflichen Karriere keinen Unterschied gemerkt und hatte es weder schwerer noch leichter.
Was halten Sie von einer Frauenquote in (männerdominierten) Konzernen und Unternehmen?
Ich bin der Meinung, dass sich Leistung und Einsatz durchsetzen. Gesetzlich geregelte Quoten sind schwer umsetzbar. In einem ersten Schritt könnten sie aber hilfreich sein. Denn sie machen ja erst einmal aufmerksam auf ein augenscheinliches Defizit. Die Daimler AG ist hier bereits auf einem sehr guten Weg.
Was waren bzw. sind für Sie als Mercedes-Chefin die größten Herausforderungen auf dem österreichischen Markt?
Ich bin hier angetreten, um den Verkauf unserer Autos weiter voranzutreiben. Mercedes-Benz hat derzeit eine so große Modellvielfalt wie noch nie. Wir bieten für alle Anfordernisse das richtige Auto. Dazu kommt, dass unser Design im Moment wirklich atemberaubend ist und dass unsere Kunden das auch honorieren. Das macht es leicht, diesen Job zu machen und mehr Autos in Österreich zu verkaufen.
Apropos: Gibt es so etwas wie das Lieblingsmodell der Österreicher bzw. welche Modelle verkaufen sich hier besonders gut?
Es gibt mehrere Lieblingsmodelle, die hier besonders gut funktionieren. Allen voran die C-Klasse, die seit ihrer Einführung im vergangenen Jahr wirklich eingeschlagen hat. Dieses Jahr kam der CLA Shooting Brake in unsere Modellpalette und ganz ehrlich: Das ist vielleicht das schönste Auto aus unserem Haus. Die Kunden schätzen den kompakten CLA extrem, er verkauft sich wirklich gut. Ganz neu und darum kann ich nur mutmaßen: Der GLC als Nachfolger vom GLK wird in Österreich auch extrem gut ankommen, weil er perfekt für dieses Land gemacht ist: hoher Komfort auf der Straße und gleichzeitig eine überragende Geländegängigkeit. Generell kann man sagen, dass die Österreicher vor allem Dieselautos, Kombis und Allrad lieben.
Welche sind also die zukünftig wichtigsten Modelle für den österreichischen Markt?
Wie schon erwähnt, wird der GLC sehr gut ankommen, weil er das Beste aus zwei Welten vereint: Straße und Offroad. Gerade in Österreich ist das in Verbindung mit 4MATIC sehr wichtig. Aber auch der neue GLE und das GLE Coupé bereiten uns bereits sehr viel Freude.
Sie haben es selbst gesagt: Österreich ist Allrad-Land. Wie sieht das bei Mercedes aus: Wie viel Prozent aller in Österreich verkauften Modelle haben Vierradantrieb?
Wir steigern unseren Anteil der 4MATIC Modelle kontinuierlich: 2015 feiern wir ja 30 Jahre 4MATIC, unseren Allradantrieb. Diese Kompetenz schlägt sich auch in Zahlen nieder: Derzeit verkaufen wir jedes Dritte Auto mit Allrad, der Trend geht aber weiter nach oben.
Mercedes ist einer der Vorreiter hinsichtlich automatisierten Fahrens: Was kommt als nächste große Innovation?
Das Thema Konnektivität wird immer wichtiger werden. Wir haben dazu bereits Einiges gezeigt und Einiges in Vorbereitung.
Autofahren 2050: Ihre Vision?
Bei langweiligen Momenten wie Stau oder lange Autobahnfahrten lasse ich meinen Autopiloten fahren. Sonst genieße ich weiter das selbstständige Fahren …
Gibt es einen beruflichen und/oder privaten Traum, also etwas, das Sie ’mal erreichen wollen?
Meine Träume sind recht bescheiden. Und die meisten erfülle ich mir laufend. Dazu gehört zum Beispiel ein Wochenende in der Natur mit meiner Familie.
Abschlussfrage vor dem Mobilerap: Womit kann man Sie begeistern?
Mit Kreativität. Ich schätze wache und kreative Menschen enorm. Kontakt zu solchen Menschen bereichert ungemein.
Corinna Widenmeyer im Mobilerap
- Bei einem Auto schaue ich zuerst … auf die Marke.
- Mobilsein bedeutet für mich … die Freiheit, wann ich will, dorthin zu fahren, wo ich hin möchte.
- Auf der Autobahn: Gleiten oder Glühen? Leider oft mal Glühen. In Deutschland halt …
- Wer parkt besser ein: Frauen oder Männer? No comment.
- Automatik oder manuelle Schaltung? Automatik. Weil das einfach angenehmer ist.
- Bei einer Reifenpanne … ruf ich Mercedes-Benz Mobilo, unser Mobilitätsservice, an.
- Die (drei) wichtigsten Funktionen bei einem Auto sind für mich … unsere Sicherheitssysteme wie Lenkassistent oder Spurhalteassistent. Daneben natürlich die Automatik.
- Ein Auto muss bei mir immer … ausreichend Kofferraum haben: für unseren Hund.
- SUV oder Limousine? SUV.
- Gut Auto fahren heißt … Mit unseren Assistenzsystemen stellt sich diese Frage nicht mehr.
- Im Stau … fahre ich mit unserem Stop&Go Pilot und telefoniere mehr als sonst.
- Mein erstes Auto war … ein schwarzer Honda Civic.
- Privat fahre ich … mein Dienstwagen ist derzeit ein Mercedes-Benz GL 350d.
- Spitznamen für Autos finde ich … Geschmackssache.
- Tempo 130 oder kein Tempolimit auf der Autobahn? Wenn man offen ist: Selbst in Deutschland sind mittlerweile fast alle Streckenabschnitte reglementiert und „kein Tempolimit“ ist eher die Ausnahme.
- Taxi fahre ich dann, wenn … ich kein Auto dabei habe.
- Auf ein Elektroauto steige ich dann um, wenn … ich kurze Stadttermine habe. Fix werde ich umsteigen, wenn die Reichweite für meine Bedürfnisse passt.
- Vollautomatisiertes Autofahren finde ich … entlastend.
- Beim Auto: lieber schickes Design oder starker Motor? Ganz klar: Design!
- Mein Lieblingsauto … Schwer, weil wir einfach zu viele tolle Modelle haben. Die G-Klasse ist aber sicher ganz vorne mit dabei.