Ein Wiener Rauchfangkehrer besitzt die wahrscheinlich größte VW Golf-Sammlung: Josef Juza aus Wien liebt den Golf und besitzt 114 Stück davon.

Dies ist natürlich als Zwischenstand zu verstehen. Auch wenn seine Sammler-Liebe nicht mehr so dynamisch ist wie früher, wächst sie immer noch. Die aktive Suche hat Herr Juza längst aufgegeben, aber manchmal werden ihm Fahrzeuge angeboten, bei denen er  nicht Nein sagen kann.

Wieviel ist das in Fläche?

Bei 114 Golf, zum größten Teil aus der Generation eins bis drei, könnte Josef Juza einen Supermarkt-Parkplatz voller Golf anfüllen.
Er könnte jeden Abend ein Golf-Treffen veranstalten, ohne eine einzige Person einzuladen. Und: Weltweit gibt es außerhalb der Wolfsburger Autostadt wohl kaum einen Ort mit einer ähnlich hohen Dichte an Golf-Raritäten wie in dieser Industriehalle nahe Wien.

Reine Liebe

Wie die meisten großen Leidenschaften begann auch diese ganz harmlos. Zum ersten Golf kam ein Zweiter, dann ein Dritter. Und es ging  immer weiter und weiter … Josef Juza über die Anfänge seiner Sammlung „Golfsrudel“: „Als ich das erste Mal in einem Golf saß, hatte ich das Gefühl, als wäre dieses Auto nur für mich gebaut worden. Sitzposition, Fahrspaß, Alltagstauglichkeit, das war alles genau meins.

Der Rauchfangkehrer erledigte seine Arbeit mit einem Caddy, für den Sommer gab es ein Cabrio, für den Winter einen Country, zum Spaßhaben einen GTI und für die Familie einen Normalo-Golf. So weit, so logisch. „Meine Basis war: Für jeden Anlass den richtigen Golf. Dann hab’ ich mich allerdings auf einer Oldtimer-Ausstellung in ein Modell aus der ersten Serie mit Trommelbremsen vorne und Schwalbenschanz-Heckschürze verliebt.

Dieses frühe Modell war der erste „unnötige“ Golf und darf daher als offizieller Beginn der Sammlung Mitte der Neunziger angesehen werden. „Ich brauchte nur kurz ins Internet zu sehen, und schon hatte ich wieder ein tolles Exemplar gefunden, das praktisch nichts gekostet hat. Oft war der Transport teurer als der Kauf.“

Neben den Raritäten-Highlights finden sich in seiner Sammlung Golf zum Rennen, Golf zum Wohnen, Golf für den ganz großen Luxus, aber auch solche, die in ihrer aktiven Zeit den Müll aufgesammelt haben. Und dann noch die unzähligen Sondermodelle!

Best of 114

  • Ein Fahrzeug aus der Vorserien-Produktion, das vom Zulieferer Lunke & Sohn fahrerseitig auf Schiebetür umgebaut wurde und ab 1974 auf zahlreichen Automessen gezeigt wurde.
  •  G60 Limited. 71 Mal in der Motorsportabteilung von Hand gefertigt. War mit 210 PS und Syncro-Allrad den damaligen Raketen der Premiumhersteller in Leistung und Preis mehr als nur ebenbürtig.
  • Rallye-Golf. Homologationsmodell für den Motorsport auf Basis des Golf II. 5000 Mal gebaut
  • CitySTROMer I. In Zusammenarbeit mit dem Energieversorger RWE entstand 1981 eine Kleinstserie von etwa 25 Stück, das Modell gilt als eines der ersten alltagstauglichen Elektrofahrzeuge.
  • City-STROMer II (etwa 70 Stück gebaut).
  • Öko-Golf. Auf Basis des Golf II entstanden 11 Versuchsträger, an denen zukunftsweisende Technologien wie Start-Stopp und Motorabschaltung im Freilauf getestet wurden.
  • Zwei von drei Gangway-Fahrzeugen für den Flughafen Bremen.
  • GTI-Schwerpunkt mit frühem und spätem Einser, Zweier-GTI 16V, Oettinger-GTI I mit 150 PS, Nordstadt-GTI I, den der Hannoveraner Nobel-Tuner für einen Scheich mit feinstem Leder und einem
    C-Netz-Autotelefon ausstattete.
  • verschiedene Wohnmobil-Aufbauten für Caddy.

Museum pur und real

Die Fahrzeuge wirken naturbelassen und damit sehr ehrlich, was sicher auch dem Umstand geschuldet bleibt, dass Josef Juza ein Einzelkämpfer ist. 114 Fahrzeuge ohne Mechanikertruppe und Hilfspersonal im Hintergrund stellen einen großen Aufwand dar.

Genau das verleiht dem Golfsrudel auch seinen Charme. Bestes Beispiel ist der „Millionen“-Golf: Das Exemplar mit der belegbaren Kilometer-Million entspricht in Optik, Haptik und Olfaktorik exakt dem, was man sich unter einem Auto mit dieser Fahrleistung vorstellt, ergibt also ein wunderbares Stück Zeitgeschichte. Als Josef Juza, den Millionen-Golf einmal für eine Ausstellung auslieh, tat er das mit den Worten: „Wenn Sie das Auto putzen, bekommen Sie richtig Ärger mit mir.“

Die Vision für die Zukunft des Golfrudels ist klar: Josef Juza will Direktor im eigenen Golf-Museum werden. Die lose Sammlung soll schon bald zu einer öffentlich zugänglichen Ausstellung umgeformt werden. Einen Stellplan gibt es schon, zusätzlicher Platz wurde auch geschaffen. Im nächsten Frühjahr sollen die Pforten geöffnet werden. Mehr unter www.golfsrudel.at

(Aktuell sind Besuche der Sammlung leider nicht möglich. Aber für Frühjahr 2019 ist die Eröffnung eines Museums geplant!)