Eine Hommage an das bislang am längsten bei mir verweilende Auto.
Er hatte keinen Spitznamen.
Ich täschtelte ihm zwar mitunter liebevoll die heiße Motorhaube, wenn er uns wieder einmal brav und verlässlich nach Hause gebracht hatte, aber Spitznamen hatte er keinen.
Er hieß einfach „der Passat“ und mutierte mit steigendem Alter immer öfter zum „Passaterl“.
Dabei hat er in all den Jahren nichts an seiner Größe verloren, in keiner Hinsicht, und eine verkleinernd-verniedlichende Bezeichnung war im Grunde unpassend, aber vielleicht war „Passaterl“ eben doch eine Art Kosename, denn lieb hatte ich ihn sehr.
Der Passat war unser Familienauto. Jene Kutsche, die der Vater der sensationellsten Söhne und damalige Mann und Lebenspartner meinerseits kurz vor Geburt des ersten Sohnes anschaffte, um jenen und den zwei Jahre darauf folgenden zweiten Sohn sicher und bequem durchs Leben zu chauffieren.
Und natürlich um das zu erwartende familiäre Krimskrams wie Kinderwagerl, Reisegitterbett, Dreiradler, Sandkistenspielzeug – und sehr vieles mehr und oft alles gleichzeitig – transportieren zu können.
Als ehemaliger Vorführkombi mit allen Finessen ausgestattet – einem der ersten Navigationssysteme, Schiebedach, zu beheizenden Ledersitzen u. v. m. – tat er dies stets souverän und komfortabel.
Was hat er nicht alles sittsam befördert
Kinder, Erwachsene, Einkauf, Fahrräder, Strohballen, Ikea-Kastln, Brennholz, Gepäck, Grünschnitt oder auch Waschbetonplatten.
Was hat er nicht alles ertragen
Auf einer eher einsamen, eisigen und steilen Bergstraße thronte ich einst in einem (damals hochmodernen) roten Skioverall beschwerend auf seiner Motorhaube, um ihm zu besserer Bodenhaftung zu verhelfen, da er aufgrund billiger Winterreifen – die ich ihm einmal und nie wieder verpasst hatte – trotz aller Anstrengungen nicht vom Platz kam.
Damals wuchs er mir besonders ans Herz.
Er kämpfte für „seine“ Kinder, die amüsiert im Auto saßen. Für mich, die ich mich als Kühlerfigur probierte. Für meine Freundin, die uns letztlich alle aus der prekären Situation pilotierte.
Was hat er nicht alles zu kompensieren versucht
Als ich bereits vorwiegend mit Testkarossen unterwegs war und nur mehr gelegentlich und zwischendurch auf ihn umstieg, steckte er tapfer weg, dass ich oftmals vergaß, nicht mehr ein nagelneues, mitunter mehrere hundert PS starkes und mit Automatikgetriebe versehenes Geschoß unterm Hintern zu haben, sondern einen lediglich 90 PSigen, manuell zu schaltenden und langsam alternden Kombi.
Jaulend bemühte er sich um Beschleunigungswerte eines Sportwagens und quittierte im ersten Gang hart angestochene Kurven mit sonorem Kreischen, während er sich heldenhaft in den Asphalt krallte und ächzend durch die Rundungen schlitterte.
Alles und viel mehr
Auch beim Umzug ins Haus hat er mitangepackt und unermüdlich Kisten und Schachteln gekarrt.
Mit Würde ertragen, dass ich vor zwei Jahren den langjährigen Traum realisiert und ihm meine große Auto-Liebe, den Weltschönsten, quasi vor den Kühlergrill gesetzt hab.
Nicht zuletzt war er für den älteren Sohn nach absolvierter Führerscheinprüfun die Fahrt in die Freiheit. Sogar bis in den ersten elternfreien Urlaub hat er ihn und seine Kumpels geführt.
Doch der Sohn hat sich nun einen Spanier angelacht, …
… des Passats Karosserie war nicht mehr die Beste und hätte einer kostspieligen Beauty-OP bedurft, und letztlich stand er nur mehr im Eck, was seinem nach wie vor kräftig und munter dieselnden Motor auf Dauer nicht gut getan hätte.
Also hab’ ich ihn verkauft. In der Hoffnung, dass er nun woanders gute Dienste tut. Ob als Ganzer oder in Einzelteilen.
In diesem Sinn: Danke, liebes Passaterl, für 19 Jahre treue Dienste!
P. S.: Um zu wissen, was der Gute wert ist, habe ich ihn bei Wirkaufendeinauto bewerten lassen.
Einfach, schnell, zuverlässig, quasi anonym. Einzig eine E-Mail-Adresse ist einzugeben.
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