Die famose Frederike Quertreib knöpft sich wieder einmal ein paar Karren vor. Diesmal Ford Fiesta 1,0 und 1,5 EcoBoost.
Text: Frederike Quertreib
Bilder: Manfred Seidl
„Diarndl, wie oft muas i da no sogn, dass´d ned imma die Nochspeis vua da Hauptspeis essen soist ? Du vapickst da jo den ganzen Mogn und dann schmeckt da des guade Bratl nimma!“
Omas Standard-Rüge hallte mir bei der Ford’schen Terminvergabe in den Ohren: Zuerst den Fiesta ST mit 200 PS auszufahren und danach die 140 PSige „Normalversion“ zu bewegen, sorgt unter Garantie für zuckersüß verpickten Gasfuß mit leichtem Völlegefühl und ebensolcher Enttäuschung.
Aber alles der (verkehrten) Reihe nach: Da steht er vor mir, der kleine Giftzwerg, in Aufpreis pflichtigem blitzblau – Doppelauspuff, Breitreifen, frech durch die Felgen lugende rote Bremsbacken und das allgegenwärtige ST-Logo signalisieren „gib mir Gas und du kriegst garantiert Spaß“.
Genau so ist es dann auch. Sobald frau im straffen Recaro-Sitz Platz genommen hat, funkt der Hintern ein „super Halt hier“ ans Gehirn, kaum ist der Startknopf gedrückt, funken die Ohren „super Sound hier“, die rechte Vorderpfote funkt „exaktes, knackiges Schaltgetriebe“, die rechte Hinterpfote funkt „geht ab wie die sprichwörtliche (Wild)Sau“ und nach knappen fünfzehn Sekunden funkt das Gehirn an alle Beteiligten zurück „Freundinnen, reißts eich zsamm, wir sind grad dabei gemeinsam den Führerschein für ziemlich lange zu verlieren“.
Das Tempolimit für die Landstraße ist nach 6.5 Sekunden erreicht, der Schub hört da aber noch ganz, gaanz, gaaanz lange nicht auf – der ST verbeißt sich in den Asphalt, dass es eine wahre Freude ist. In den Kurven kommt GoKart Feeling auf, die genaue Beschaffenheit der Fahrbahn wird verlässlich an den Pilotinenpopsch rapportiert. Dass das griffige Sportlenkrad beheizbar ist, ist vollkommen unnötig weil kalt ist schon lang niemandem mehr … der Adrenalinausschüttung sei Dank.
Nach einigen unvernünftigen Kurvenkombinationen und Beschleunigungsorgien kann sich das Gehirn endlich gegen die Übermacht der Einzelteile des Speed-Junkie-Körpers durchsetzen. Der rechte Zeigefinger ändert widerwillig den Fahrdynamik-Modus von „Sport“ auf „Normal“, der Sound wird etwas ruhiger, Motor, Gaspedal und Lenkung bleiben sportlich-direkt aber reduzieren ihre Verführungskräfte, „zivil“-Fahren lässt sich der ST also auch sehr gut.
Dass es auch noch eine Einstellung „Rennstrecke“ gibt, haben die Augen auf ihrer gierigen Suche nach dem optimalen Einlenkpunkt für die nächste Kurve – Göttin sei Dank – übersehen, das damit verbundene Abschalten der Traktionskontrolle ist im normalen Straßenverkehr vermutlich sowieso nicht zu empfehlen … .
Im Cruise-Mode wird aus dem Dreizylinder-Motor für die Fahrerin vollkommen unmerkbar ein Zweizylinder – Nummer Drei darf sich bis zum nächsten Zwischensprint ausruhen, stellt sich aber innerhalb von 14 Millisekunden selbständig wieder in den Dienst sobald mehr Schub gefordert wird. Positiv bemerkbar macht sich der „Motorenwechsel“ an der Tankstelle, im Schnitt lässt sich der ST mit 6.5 Liter Super bewegen. Dass das stark von den Widerstandskräften der Fahrerin gegen die Verlockungen des kleinen Heizers abhängt, muss vermutlich nicht extra erwähnt werden …
Die Höchstgeschwindigkeit von 232 km/h wurde vom „Diarndl“ nicht überprüft, angesichts der erlebten Leistung bestehen aber keine Zweifel an der Korrektheit der Angaben.
Nummer zwei
Der direkte Umstieg in die graue Maus ist dann mit der Eingangs erwähnten Ernüchterung verbunden: das Sitzgestühl normal, das Fahrwerk normal, die Lenkung normal, das Motor-/Auspuffgeräusch normal … einziger Vorteil: das wirklich tolle B&O Audio-System wird jetzt ausprobiert und geschätzt – bisher ergötzten sich die Ohren lieber am brumm-brumm der 200 Gäule. Die Farbe: irgendwie eh ganz elegant, aber Freunde, wenigstens ein bisserl Glitzer hätte Frau schon gerne !
Es dauert ungefähr eine Woche, bis sich die prägenden ST-Erfahrungen aus dem Bewusstsein ausschleifen – und plötzlich mutiert der Fiesta 1.0 EcoBoost 140 PS Active Plus zu einem gänzlich anderen Auto: die 140 PS sind für ein Auto dieser Größe überhaupt nicht mehr nur „normal“, Fahrwerk, Lenkung, Straßenlage … alles wirklich pipifein, die Schüssel geht in Wahrheit wie die Feuerwehr – kein Wunder, steht doch die doppelte Leistung wie beim Fiesta Basismodell zur Verfügung !
Der Kofferraum ist der Autogröße entsprechend, auf der Rücksitzbank sollte frau eher nur die (kleinen) Kinder unterbringen, bei der Mitnahme langbeiniger bester Freundinnen besteht durchaus die Gefahr des Freundschaftsentzugs nach Erreichen des Fahrziels. Bei halbwegs vernünftiger Fahrweise liegt der Durchschnittsverbrauch gerade einmal ca. 0.3 Liter unter dem der 200 PS-Schwester, dafür sind längere Autobahnfahrten aufgrund des zivileren Fahrwerks deutlich rückenschonender zu bewältigen.
Fazit: leistungsorientierter Kleinwagen in beiden Fällen, vernünftiger ist vermutlich die schwächere Version, um die Preisdifferenz von ca. € 4.700.– kauft frau de facto ein anderes (SPORT)Auto. Höhere laufende Kosten, bedingt durch regelmäßige Radar-Spenden, sollten in die Überlegungen bezüglich Kaufentscheidung mit einfließen.
Ford Fiesta ST 1,5 EcoBoost 200 PS M6 ST
Listenpreis in serienmäßiger Ausstattung: € 26.800.–
Preis Testwagen: € 29.998,34
Ford Fiesta 1,0 EcoBoost 140 PS Active Plus
Listenpreis in serienmäßiger Ausstattung: 21.950.–
Preis Testwagen: € 25.271,83