Warum im Kreis fahren gar nicht deppert ist. Vor allem dann nicht, wenn frau so wilde Viecher wie die Jaguar F-Types unterm Allerwertesten hat.
Allzu gut erinnere ich mich noch an jene Sonntagnachmittage, an denen unser Papa daheim Formel 1 g’schaut hat.
Für uns Kinder bedeutete das: keine Familienfreizeitaktivität – weil schnelle Autos im Kreis fahren; kein lautes Spielen – weil schnelle Autos im Kreis fahren; natürlich auch kein Kinderfernsehprogramm – weil schnelle Autos im Kreis fahren.
Zwangsläufig haben wir gelegentlich auch geguckt und uns stets aufs Neue gefragt:
1. Was ist dabei, rundenlang im Kreis um die Wette zu fahren?
2. Und was um Himmels willen findet man(n) dabei, den Im-Kreis-fahrenden zwei Stunden lang via TV-Kastl zuzuschauen!
Die Erinnerungen an damals tauchten auf, als ich dem Briefing am Salzburgring lauschte, kurz bevor wir mit diversen Jaguar F-Types von 380 bis 550 PS und XFR-S mit 550 PS über eben jenen jagen würden.
Fernsehen finde ich heute noch fad – via TV hätte ich den anderen also nicht zuschauen mögen.
Selber fahren allerdings und damit ansatzweise ein Ahnungchen kriegen, was Rennfahrer alles drauf haben müssen, um hunderte-PS-starke Boliden in einem Höllentempo über die Circuits zu peitschen und vor allem wie gar nicht langweilig oder deppert es ist, im Kreis zu glühen, sondern einfach oberaffensensationellgeil und herausfordernd, weiß ich seit meiner ersten eigenen „Rennerfahrung“ – und das ist noch gar nicht so lange her.
Pistenfieber
Mittlerweile bin ich zwar die eine oder andere heiße Runde geheizt, doch jedesmal – und auch diesmal – ist das Gefühl ähnlich: Vorfreude mischt sich mit einer Vorauskostprobe des zu erwartenden Adrenalinschubs, dazu ein Schuss Nervosität:
Werde ich die Linien g’scheit fahren? Werde ich das Tempo mithalten können?
Ab auf den Sozius
Bevor ich allzu viel zum Fiebern komm’, steht plötzlich fest, dass unsere Gruppe zuerst mit Hot Laps startet, wir fahren also mit einem Rennfahrer mit, einem echten und richtigen, der uns zeigt, was diese Katzen wirklich können.
Als bekanntlich eine der miserabelsten Beifahrerinnen – weil mir, wenn ich nicht selbst am Steuer sitze, in flotten Kurven sehr schnell sehr leicht sehr übel wird – zögere ich kurz wegen der potenziellen Speibgefahr.
Doch da der Salzburgring nicht gar so viele Kurven hat und wir auch nur zwei Runden drehen, wage ich es doch mit dem dynamischen jungen Briten.
Ein schnelles Foto noch, anschnallen, und Wrrrrooooaaaammmm! grölt der Jaguar aus der Boxengasse, mich presst’s in den Sitz, und Wrrrrooooaaaammmm! röhren wir auf die erste Kurve, Tempo raus, durch, volles Rohr weiter, wieder Tempo raus, in die Semperitkurve rein, zum Scheitelpunkt in der Nockstein-Kehre und – Waaaaaaaaahhhhh, meeeeiiiiiin, Maaaaaageeeeen geeeee …
Aber bevor ich einorden kann, wohin der Magen will, plumpst er schon wieder zurück, wir sind aus der Kehre draußen, nur mehr Fullspeed die lange Gerade, Jachaaaaaauuuz!, wie geil ist das! und der Tacho zeigt 261.
Eh’ ich mich’s verseh’, hat der Nachwuchs-Hamilton die zwei Runden mit mir absolviert, wir schleifen uns in die Boxengasse zurück, dabei wäre ich grad warm geworden, jedenfalls ist mir nicht schlecht, dafür ordentlich heiß, doch noch bevor sich der Adrenalinspiegel wieder senken kann, steht Punkt zwei auf dem Programm:
Selber sengen.
Mit dem Jaguar XFR-S Sportbrake. Ein Rennkombi mit 550 PS. In Himmelblau.
Wer so ein Katzerl im Alltag fährt, lässt sich schwer erahnen, vielleicht der betuchte Freitzeitaktivtist, der nach der Mountainbiketour noch gach einen Abstecher auf die Rennstrecke macht?
Wie auch immer, 550 Katzen unter dem heißen Blechdach legen aber so was von los, das hat die Kombi-Welt noch nicht gesehen!
Mal Luft holen
Nach zwei Runden, die nicht so zu meiner Zufriedenheit waren, weil ich viel zu langsam und unrhythmisch gekreiselt bin, lockt eine kurze Erholungspause: Handlingkurs mit den XJs und den XEs, die wir gestern in freier Wildbahn erprobt haben.
Ein bisserl Driften, ein bisserl Slalom fahrem und dabei das fantastische Fahrwerk der Business-Limos erspüren.
Richtig chillig.
Dann aber endlich:
Grande Finale!
Mit den F-Types, die als Coupé und Roadster neuerdings auch mit Allradantrieb und Sechsgang-Schaltgetriebe erhältlich sind, rrrrrrrraus auf die Piste.
Letzte Instruktionen des vorausfahrenden Fahrinstruktors, was wir nicht und was wir schon tun sollen, dann starten wir in zwei Dreier-Truppen los, unter vollem Körpereinsatz festgehalten von Event-Fotografen Alexander Seger:
Wieder Wrrrrooooooaaaaaaaammmm! lassen wir die Motoren an, sie heulen, jaulen und fauchen, und die farbenfrohen Sechs- und Achtzylinder-Feger fliegen ab und auf und davon auf den Ring.
Vor zehn Sekunden noch war mir kühl, jetzt schießt mir der Konzentrationsschweiß aus allen Poren, Abstand 4 bis 5 Autolängen muss ich einhalten, aber nicht zu viel, sonst reduziert der Instruktor das Tempo, erste Schikane, danach beschleunigen zur Semperitkurve, am Marker bremsen, hin zum Scheitelpunkt der Nockstein-Kehre, yeeeesss, „Gute Linie, die Lady“, sagt auch der Instruktor, der mich – mir völlig schleierhaft bei dem Tempo und über zwei Autos hinweg – scheinbar wirklich im Auge hat, und Voooooolllllgaaaaaaaaaas die Gerade raus, ich blinzle kurz zum Tacho, knapp 200, na, da geht die nächste Runde noch was, jetzt die nach außen hängende Ostschleife, Schikane, aus der Kurve raus wieder Speeeeeeeeeeeeeed, und das erste Mal beim Boxenstall vorbei.
Volle Konzentration in Runde zwei, nach der Schikane wieder in die Semperitkurve rein, aus der Kehre raus, jahuiiiii, da werden Fliehkräfte frei, volles Rohr wieder auf der G’raden, diesmal zuckt die Tachonadel bei ca 210 km/h, runterbremsen vor der Schleife, Schikane – und viiiiiiiiiiel zu schnell ist die Fetzerei vorbei, wir fädeln uns wieder in die Boxengasse ein.
Gewissheit gestärkt
Während sich meine Pulsfrequenz langsam reduziert und mein Adrenalindopaminserotoninundsoweiterpegel sinkt, denke ich wieder an die Sonntagnachmittage.
Den Papa versteh’ ich immer noch nicht.
Aber mit schnellen Autos im Kreis fahren ist einfach geil.