Ihr Name ist so klangvoll wie jene der Autos, für die sie verantwortlich ist. Maria Grazia Davino gebietet in Österreich über Fiat Cinquecento bis hin zu Alfa Romeo Giulietta – und ist damit eine der wenigen Topmanagerinnen in der Autobranche. Ein Exklusiv-Interview.

Statt mit einer blonden Barbie spielte sie als kleines Mädchen mit einem schwarzen Lamborghini. Und wenn sie mit ihren Eltern im Auto fuhr, war eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen, andere Automarken zu erkennen.
Heute ist Maria Grazia Davino Österreich-Chefin von Fiat Chrysler Automobiles, kurz FCA, und damit eine der wenigen Topmanagerinnen in Österreichs Autobranche.
Dennoch kam die gebürtige Italienerin eher zufällig in die Autoindustrie:

Sie studierte Semiologie und Logik, wollte danach an der Uni bleiben und Professorin werden. Weil das in Italien nicht so leicht war, zog Maria Grazia Davino nach Ingolstadt in Deutschland und finanzierte sich ihr Leben dort als Au-pair-Mädchen.
Ich wollte meine Doktorarbeit schreiben, über den Weg von einer Idee zum fertigen Produkt, im Prinzip also Projektmanagement, aber mir war damals nicht klar, dass es das gibt. Mein Au-Pair-Vater meinte, ich solle das doch an Audi (Audi AG hat Sitz in Ingolstadt, Anm.) schicken. Also habe ich einen sehr komplexen Brief verfasst und genau beschrieben, was mich für meine Arbeit interessiert.

 

Talent entdeckt

Audi erkannte die Begabung der klugen jungen Akademikerin, engagierte sie vom Fleck weg und setzte sie bei Lamborghini (gehört seit 1998 als Teil der Audi AG zum VW Konzern) ein.
Von 2004 bis 2011 blieb die temperamentvolle Lady im Dienste der Stier-Marke, bis man in Turin auf sie aufmerksam wurde und einen Headhunter auf sie ansetzte, der sie mit den Plänen von Sergio Marchionne, dem CEO von FCA, neugierig machte.

Von Lamborghini zu Fiat? – Aber ja! „Mir ging’s gut bei Lamborghini, jeder kannte mich, und natürlich wollen viele junge Menschen dorthin – aber ich habe mich für FCA (das damals noch Fiat Group Automobiles hieß) entschieden, denn ich bin überzeugt, dass FCA die größte Schule bezüglich Vertrieb ist“, erläutert Maria Grazia Davino ihre Motivation. „Das war ein Anreiz! Als ich nach Turin kam, kannte mich keiner der tausenden Angestellten, ich musste auch einen Schritt zurück in der Managementebene machen und begann schließlich im Sales-Bereich. Das war für mich sehr wichtig, denn bei Fiat reden wir von Millionen Autos, da braucht man Zeit, um sich einzuarbeiten.

Was bei der engagierten Maria Grazia Davino erwartungsgemäß schnell ging, bereits nach 6 Monaten bot man ihr die Leitung des größten konzerneigenen Betriebes, der Motor Village in Turin, an.
Erfahrung im Einzelhandel ist das Wichtigste, so Davino. „Wenn du wirklich komplett für ein Unternehmen verantwortlich sein möchtest, musst du deine Kunden, deine Partner verstehen und kennen, das ist wie bei einer Karriere bei McDonalds: Am Anfang musst du Burger verkaufen!

 

Verkäuferin durch und durch

Bis heute beantwortet Maria Grazia Davino übrigens die Frage nach ihrem Beruf stets mit „Ich verkaufe Autos“. Und das ist auch ihre Aufgabe hier in Österreich, wohin sie im Frühjahr 2014 berufen wurde: Den Verkauf anzukurbeln und FCA als Marke zu verankern.

Ihr Hauptaugenmerk heuer? – Sie nennt drei Schwerpunkte:
den 500X, ein sehr essenzielles Modell für Fiat, in seinem ersten Jahr gut zu positionieren;
die Premiummarken Alfa Romeo und Jeep voranzutreiben;
und FCA als Unternehmen zu etablieren, das heißt, auch den Markt kennen zu lernen und Beziehung zu den Händlern aufbauen.
FCA  zu entwickeln ist viel Arbeit, wir haben die DNA aller unserer Marken behalten, aber es sind globale Produkte geworden und die Qualität ist gestiegen.

Einen ersten Eindruck, mit welcher Energie Maria Grazia Davino neue Wege beschreitet, erhielten wir bei der imposanten Präsentation des Fiat 500X Ende vergangenen Jahres. (Hier geht’s zum Artikel.)

Ob für die neue Limousine bei Alfa Romeo (übrigens ihre Lieblingsmarke!), die im Sommer präsentiert wird, ein ähnlich rauschendes Fest zu erwarten ist?
Die Fiat-Chefin lässt sich nicht in die Karten blicken, macht aber neugierig: „Wir haben noch nichts Konkretes geplant, aber ich bin Perfektionistin. Wenn, dann muss es ein Erlebnis sein, durchkomponiert, die Leute müssen eine Botschaft mitbekommen.

Was sie denn noch zu ihren hervorstechenden Eigenschaften zählt, wollen wir wissen, und sie schmunzelt ein wenig und meint: „Da müssten Sie meine Mitarbeiter fragen. Aber – ich höre zu. Sehr genau, und ich merke mir alles.

Entscheidungsschnell sei sie auch, ja, aber prinzipiell suche sie Konsens und binde die Leute ein: „Wir haben 2015, Führungskräfte haben heute sehr viel mehr und neue Aufgaben als noch vor einigen Jahren.“

Ein klares „Nein“ erhalten wir jedenfalls auf die Frage, ob Frauen in der Motorbranche unterrepräsentiert sind, und ein klares „Nichts“ darauf, was sie von einer Frauenquote hält. „Das ist beinahe beleidigend. Mich selbst haben Leute schon gefragt, ob ich eine ,Quotenfrau’ bin. Dabei müssen wir Frauen, ich sag’s ganz soft, mindestens doppelt so gut sein wie ein Mann.

Mit Feuereifer

Kein Wunder, dass sie meistens eine der ersten und letzten im Büro ist. Und sie steigt auch mal kurzentschlossen ins Taxi, wenn sie auf dem Weg zum Dienstauto ein Telefonat führt, damit das Gespräch in der Garage nicht unterbrochen wird!

Wenn die Power-Managerin mal nicht arbeitet, liest sie gern, Klassiker der Philosophie, und fügt abschließend kenntnisreich hinzu:
Man glaubt, dass das nichts mit meinem Job zu tun hat, aber ganz im Gegenteil: Logik und Philosophie geben dir Klarheit und helfen dir, Gedanken darzustellen.

 

Maria Grazia Davino im Mobilerap

  • Bei einem Auto schaue ich zuerst … auf die Linie und Marke.
  •  Auf der Autobahn: Gleiten oder Glühen? Glühen.
  • Bei einer Reifenpanne … aaah, anrufen!
  • Mobilsein bedeutet für mich … frei sein.
  • Die (drei) wichtigsten Funktionen bei einem Auto sind für mich … beheizbare Sitze, Uconnect (Freisprecheinrichtung), Tempomat.
  • Ein Auto muss bei mir immer … Sprit haben.
  • SUV der Limousine? City-SUV, ich fahre derzeit einen Jeep Renegade.
  • Gut Auto fahren heißt … sicher fahren.
  • Mein Traumjob als Kind war … Ich wollte alles machen – und am Ende des Tages mache ich von allem ein bisschen.
  • Im Stau … telefoniere ich, über die Freisprecheinrichtung.
  • Mein erstes Auto war … ein Alfa 33, metallicgrau, gebraucht, ein super Auto.
  • Spitznamen für Autos finde ich … Wenn es jemandem Freude macht, warum nicht.
  • Tempo 130 oder kein Tempolimit auf der Autobahn? Ich bin für Tempolimit, ich mag es zwar nicht, aber es muss sein.
  • Vollautomatisiertes Autofahren finde ich … schrecklich. Ich möchte das lieber kontrollieren. Ich habe gern die Zügel in der Hand.
  • Mein Lieblingsauto … Alfa Romeo Giulietta QV Launch Edition.

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